Und plötzlich ist da noch einer...
Was die Ehegatten A. nicht bedacht hatten, war, dass nach dem bis 1973 geltenden Adoptionsrecht die Adoption das Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber den leiblichen Verwandten nicht zu durchbrechen vermochte. Ein – wie es damals hiess – «angenommenes Kind» behielt eine rechtliche Beziehung zu seiner «Herkunftsfamilie» und es bestanden weiterhin gewisse Rechte und Pflichten zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern. Wenn die Adoption innert den vorgesehenen Fristen nicht nachträglich dem neuen Recht unterstellt wurde, gelten diese Konsequenzen bis heute. So haben – sofern der Adoptionsvertrag keine Abweichungen zur gesetzlichen Regelung vorsah – altrechtlich adoptierte Kinder ein Erbrecht sowohl gegenüber den Verwandten der Herkunftsfamilie als auch gegenüber den Adoptiveltern, nicht jedoch gegenüber den weiteren Verwandten der Adoptivfamilie (wie z.B. den Grosseltern).
Mit dem Inkrafttreten des neuen Adoptionsrechts am 01.04.1973 hat sich die Situation der Adoptivkinder grundlegend geändert. Heute erlischt die Verwandtschaftsbeziehung zur Herkunftsfamilie mit der Adoption, und das adoptierte Kind erhält die gleiche Stellung wie ein leibliches Kind der Adoptiveltern. Diese Vereinfachung der Verhältnisse ist sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus juristischer Sicht absolut zu begrüssen. Bis sie allerdings für alle Nachlässe mit hinzu- oder wegadoptierten Beteiligten Anwendung findet, wird noch einige Zeit vergehen. Zeit, in der Überraschungen wie bei der Familie A. nicht ausgeschlossen sind.