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21.07.2017

Memento Mori - auch Unternehmer sind nicht unverwundbar

Es gibt Menschen, die leisten mehr als andere. Es gibt Menschen, die erreichen mehr als andere. Es gibt Menschen, die arbeiten jeden Tag. Es gibt Menschen, die sind nie krank. Und doch sind sie alle verwundbar. Kein Mensch ist unsterblich. Kein noch so erfolgreicher Unternehmer, kein noch so angesehener Manager ist davor gefeit, dass er einen Unfall erleidet oder von einer Krankheit heimgesucht wird. Und trotzdem verhalten sich gerade diese zentralen Leistungsträger unserer Gesellschaft oftmals sehr nachlässig, wenn es darum geht, für den Fall vorzusorgen, dass sie einmal ausfallen.

 

In unserer durch Klein- und Kleinstfirmen geprägten Wirtschaftslandschaft ist es nicht selten so, dass ein Unternehmen um seinen Gründer bzw. Inhaber aufgebaut und von diesem zentral gelenkt und geführt wird. Ohne den Chef geht nichts. Ist der Chef weg, steht alles still. Für eine solche Organisation mag es gute Gründe geben. Nur sollte sich der Unternehmer der Risiken bewusst sein, die er mit dieser Struktur eingeht und entsprechende Vorkehrungen treffen.

Verliert ein Alleinaktionär und einziger Verwaltungsrat seiner Firma etwa aufgrund eines Unfalls seine Urteils- und damit seine Handlungsfähigkeit (z.B. weil der im Koma liegt), so hat dies verschiedene gesellschaftsrechtliche Folgen für sein Unternehmen:

-  Die Firma leidet an einem Organisationsmangel, da sie nicht über einen handlungsfähigen Verwaltungsrat verfügt.
-  Die Firma selbst wird handlungsunfähig, da die Generalversammlung ohne handlungsfähigen Aktionär nicht durchgeführt werden kann und    somit kein neuer Verwaltungsrat ernannt werden kann

Das Gesetz sieht für diesen Fall die Einsetzung des fehlenden Organs oder eines Sachwalters durch das Gericht oder im Extremfall die Auflösung der Gesellschaft vor (Art. 731b OR). Da eine solche gerichtlich eingeleitete Reorganisation Zeit in Anspruch nimmt und auch nicht ohne Kostenfolgen vonstattengeht und zudem das Gericht nach eigenem Gutdünken eine Person auswählt, ist für einen vorausschauenden Unternehmer unbedingt empfehlenswert, für diesen Fall in einem Vorsorgeauftrag eine für seine Verhältnisse angepasste Regelung vorzusehen.

Vorsorgeauftrag
Seit der Revision des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts, die per 1.1.2013 in Kraft getreten ist, gibt es die Möglichkeit, in einem Vorsorgeauftrag eine oder mehrere (juristische oder natürliche) Person(en) zu bestimmen, die einen vertreten, wenn man selbst (vorübergehend zum Beispiel in Folge eines Unfalls oder permanent in Folge einer Demenzerkrankung) nicht mehr handlungsfähig ist. Ihre Funktion ist dabei vergleichbar mit der eines Beistandes, mit dem Unterschied, dass die Vorsorgebeauftragten grundsätzlich keiner behördlichen Überwachung und Instruktion unterliegen und vom Betroffenen direkt und nicht von der KESB ernannt sind. Der Betroffene kann die Aufgaben und Kompetenzen der eingesetzten Person(en) in den einzelnen Vertretungsbereichen (Vertretung in medizinisch-persönlichen Belangen, Vertretung in der Vermögenssorge und Vertretung im Rechtsverkehr) genau festlegen und ihnen klare Handlungsanweisungen geben. Der Vorsorgeauftrag kann handschriftlich oder über eine öffentliche Beurkundung errichtet werden. Da die korrekte und auf den Einzelfall abgestimmte Formulierung des Vorsorgeauftrages – gerade im oben erwähnten Kontext – anspruchsvoll ist, lohnt sich der Beizug einer Fachperson.

Neben dem Verlust der Urteilsfähigkeit ist das unvorhergesehene Ableben des Unternehmers der zweite wichtige Fall, für den im Sinne einer vorausschauenden Unternehmensführung unbedingt vorgesorgt werden sollte. Stirbt der Alleinaktionär / einzige Verwaltungsrat einer AG, so führt dies in einem ersten Schritt ebenfalls zu einem Organisationsmangel bei der AG (fehlender Verwaltungsrat). Die Handlungsfähigkeit der Firma würde aber grundsätzlich bestehen bleiben, da die Erben des Verstorbenen durch die Universalsukzession (Art. 560 ZGB) unmittelbar mit dem Ableben des Erblassers Eigentümer seines Vermögens und damit auch seiner Aktien werden und daher seine Aktionärsrechte an der GV wahrnehmen könnten. Was in der Theorie einfach klingt, kann in der Praxis jedoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein. Zu denken ist etwa an folgende Konstellationen:

-  Die Erben sind untereinander nicht einig und können sich auch nicht auf die Ernennung eines gemeinsamen Vertreters verständigen. Auf-
   grund des Einstimmigkeitsprinzips in der Erbengemeinschaft (Art. 602 Abs. 2 ZGB) ist die Ausübung der Aktionärsrechte damit blockiert.
-  Die Erben sind unbekannt oder nicht zu erreichen.
-  Die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft ist unklar (z.B. weil die Gültigkeit eines Testaments bestritten wird).

Ohne testamentarische Vorkehrungen des Unternehmers führen diese Konstellationen wiederum dazu, dass die Firma handlungsunfähig wird und das Gericht über das weitere Schicksal des Unternehmens zu entscheiden hat. Um dem vorzubeugen, sei jedem Unternehmer geraten, sich die Einsetzung eines Willensvollstreckers zu überlegen. Dessen Aufgaben und Kompetenzen können – ähnlich wie beim Vorsorgebeauftragten – im Testament klar umschrieben und z.B. auch sachlich auf die Aspekte der Organisation der Unternehmensfortführung beschränkt werden. Der Willensvollstrecker übt als Vertreter der Erbengemeinschaft die Aktionärsrechte aus und kann so das Weiterfunktionieren des Unternehmens sicherstellen.

Testament
Die Einsetzung eines Willensvollstreckers hat in Testamentsform zu erfolgen. Ein Testament kann vom Erblasser entweder handschriftlich verfasst oder über eine öffentliche Beurkundung errichtet werden. Neben der Willensvollstreckereinsetzung hat der Erblasser zahlreiche weitere Verfügungsmöglichkeiten. So kann er namentlich Personen als Erben berufen oder als Vermächtnisnehmer einsetzen, gesetzliche Erben (sofern nicht pflichtteilsgeschützt) vom Erbe ganz oder teilweise ausschliessen, Erbquoten abändern, Teilungsvorschriften erlassen, Regelungen in Bezug auf lebzeitige Zuwendungen festhalten etc. Wie das Abfassen eines Vorsorgeauftrages ist auch das Aufsetzen eines Testaments eine anspruchsvolle Aufgabe. Es ist daher auch hier ratsam, sich fachkundig beraten zu lassen.

Dieser Beitrag beschränkt sich auf eine kurze Darstellung der gesellschafts- bzw. erbrechtlichen Folgen des plötzlichen Ausfalls eines Unternehmensinhabers. Selbstredend führt ein solcher Ausfall auch auf operativer Ebene zu grossen Schwierigkeiten. Diese vorherzusehen und deren Folgen zu minimieren ist eine stetige Aufgabe im Unternehmerleben. Wissen externalisieren, eine funktionierende Stellvertreterordnung aufbauen, einen Notfallplan in der Schublade bereithalten, sind hier nur einige Stichworte. Auch wenn es unwahrscheinlich scheinen mag, ist es doch ein Gebot der guten Unternehmensführung, sich der eigenen Anfälligkeit und Vergänglichkeit bewusst zu sein und im Interesse seines Unternehmens, der Mitarbeiter, der Kunden und auch der eigenen Angehörigen Regelungen zu treffen, die im Falle eines schwerwiegenden unvorhergesehenen Zwischenfalls einen geordneten Weitergang der Geschäftstätigkeit sicherstellen.

 

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